Wärmeübergang in über den halben Umfang beheizten, mit flüssigem Metall durchströmten Rohren

1. Hintergund

Flüssige Metalle werden seit langem aufgrund ihrer besonders günstigen Wärmeübertragungseigenschaften als Wärmeträgerfluide vorgeschlagen und in einigen speziellen Einsatzfällen auch verwendet. Sie besitzen eine hohe Wärmeleitfähigkeit, eine niedrige kinematische Viskosität und sind - im Vergleich zu konventionellen Fluiden - über einen weit größeren Temperaturbereich flüssig. Sie eignen sich daher besonders als hocheffizienzte Wärmeträgermedien für Anwendungen, in denen große Wärmestromdichten bei mittleren bis sehr hohen Temperaturen, jedoch zugleich moderaten Drücken und ohne Phasenwechsel übertragen werden sollen. In der Vergangenheit wurden Flüssigmetalle, insbesondere Blei und dessen Legierungen sowie Natrium für die Kühlung von Fusions- und Kernspaltungsreaktoren vorgeschlagen und genutzt. Zudem wird derzeit der Einsatz von Natrium als Wärmeträgerfluid in konzentrierenden solarthermischen Kraftwerken erforscht.


Abbildung 1: Schematische Darstellung der hydrodynamischen und thermischen Grenzschicht von Fluiden mit unterschiedlichen Prandtl-Zahlen

Von besonderem wissenschaftlichen Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Wärmeübergang bei Konvektion in Flüssigmetallen von dem in konventionellen Fluiden (wie z.B. Luft oder Wasser) deutlich unterscheidet. Durch die große molekulare Wärmeleitfähigkeit bei zugleich niedriger Viskosität ist im Gegensatz zu konventionellen Fluiden bei Flüssigmetallen die thermische Grenzschicht sehr viel größer als die hydrodynamische Grenzschicht, was sich in sehr kleinen Werten der Prandtl-Zahl für Flüssigmetalle widerspiegelt. Sie liegen mit Werten von Pr<0,05 um ein bis zwei Größenordnungen niedriger als für konventionelle, als Wärmeträger genutzt Fluide wie Wasser-Glykol-Gemische, Luft, Helium, Solen, Salzschmelzen, Öle etc. Dies bedeutet, dass bei turbulenter erzwungender Strömung flüssiger Metalle die molekulare Wärmeleitung für den Wärmeübergang im Gegensatz zu konventionellen Fluiden eine deutliche Rolle spielt und dass deshalb die aufgeprägte thermische Randbedingung (konstante Temperatur, konstanter Wärmestrom) einen starken Einfluss auf den Wärmeübergang hat. Beides muss in entsprechenden Korrelationen zu dessen Berechnungen berücksichitgt werden. Eine Folge dieser Eigenschaften ist daher, dass klassische Wärmeübergangs- bzw. Nusselt-Korrelationen für konventionelle Fluide nicht für Flüssigmetalle einsetzbar sind.

 

2. Forschungsarbeiten

Übergeordnetes Ziel dieses Forschungsvorhabens ist die experimentelle Bestimmung des Wärmeübergangs und die darauf aufbauen Anpassung einer Nussel-Korrelation für das mit flüssigem Metall durchströmte, über den halben Umfang beheizte Rohr bei vollturbulenter Strömung. Solch eine thermische Randbedinung liegt in einem Receiverrohr eines konzentrierenden solarthermischen Kraftwerk vor und ist für weitere Forschungsarbeiten für den Einsatz von Flüssigmetallen für diese Kraftwerksform von besonderem Interesse. Dabei sollen sowohl Einlaufeffekte wie auch die voll ausgebildete Strömung untersucht werden. Bisher sind in der Literatur für mit Flüssigmetall durchströmte Systeme nur sehr wenige entsprechende Untersuchungen bekannt. Der Grund mag u.a. darin liegen, dass die wenigen vorliegenden Arbeiten für konventionelle Fluide (z.B. Luft, Wasser) keinen Einfluss der Randbedingung auf den Wärmeübergang bei turbulenter Strömung nahelegen. Auf Flüssigmetalle ist dieser Befund jedoch nicht notwendigerweise übertragbar, da hier aufgrund der kleinen Prandtl-Zahl spezifische Transportphänomene auftreten, die explizit experimentell untersucht und durch entsprechende Anpassungen in Korrelationen abgebildet werden müssen. Die Arbeitshypothese ist folglich, dass vorhandene Wärmeübergangskorrelationen für vollumfänglich beheizte, turbulent mit Flüssigmetall durchströmte Rohre den Wärmeübergang in über den halben Umfang beheizten Rohren nicht abbilden können. Weiterhin ist geplant, an derselben Anlage das thermische Einlaufverhalten von Flüssigmetall-Strömungen bei über den vollen Umfang beheizten Rohren zu untersuchen. Auch dies ist in der Literatur für Flüssigmetalle bisher nur spärlich dokumentiert und diskutiert. Im Zuge dieser Versuche wird zudem die voll ausgebildete, turbulente Rohrströmung untersucht.

 

3. Experimentelle Untersuchung

Im Rahmen dieses Projektes wird ein geeigneter Prüfstand zur Untersuchung des Wärmeübergangs bei turbulenter Flüssigmetallrohrströmung geplant und aufgebaut. Von besonderem Interesse bei der Dimensionierung der Teststrecke ist die Möglichkeit alle unterschiedlichen thermischen Randbedinungen der Rohrströmung, welche im Zuge dieses Projektes untersucht werden sollen, abbilden zu können.


Abbildung 2: Kreislaufschema des Flüssigmetall-Prüfstandes

4. Studentische Arbeiten

Im Rahmen dieses Projektes werden Bachelor- und Masterarbeiten, sowie Möglichkeiten für HiWi-Tätigkeiten angeboten. Nähere Informationen können gerne telefonisch oder per Mail eingeholt werden.

5. Veröffentlichungen

Marocco, L.; Cammi, G.; Flesch, J.; Wetzel, Th.: Numerical analysis of a solar tower receiver tube operated with liquid metals. International Journal of Thermal Sciences 105 (2016), pp. 22-35

Pacio, J.; Marocco, L.; Wetzel, Th.: Review of data and correlations for turbulent forced convective heat transfer of liquid meals in pipes. Heat Mass Transfer 51 (2015), pp. 153-164