Partikelbildung bei der Fällungskristallisation

Die Fällungskristallisation ist ein sehr altes Verfahren zur Herstellung von Feststoffen und ist in der chemischen, biochemischen und pharmazeutischen Industrie weit verbreitet. Neben einer Vielzahl an Massenprodukten, werden auch viele Spezialprodukte durch Fällungsprozesse hergestellt, wie z.B. Farbstoffe und Pigmente, Katalysatoren, keramische Vorstufen oder pharmazeutische Wirkstoffe.
Anforderungen an das Fällprodukt sind beispielsweise definierte Partikelgrößen, eine enge Partikelgrößenverteilung, eine gezielte Morphologie der Kristalle oder bei pharmazeutischen Produkten eine gute Bioverfügbarkeit.

Bei den gefällten Produkten handelt es sich meist um schwerlösliche Stoffe, für deren ökonomisch sinnvolle Herstellung eine hohe Übersättigung notwendig ist. Diese wird z.B. durch die Mischung zweier gut löslicher Substanzen (A und B) erzeugt, die dann zu dem schwerlöslichen Produkt C reagieren.

Diese hohen Übersättigungen führen im Gegensatz zur herkömmlichen Kristallisation aus Lösungen zu sehr schnellen Primärprozessen, d.h. zu hohen Keimbildungs- und Wachstumsraten. Bedingt durch die hohen Keimbildungsraten resultieren aus Fällprozessen kleine Partikeln zwischen einigen Nanometern und ca. 50 µm. Diese kleinen Partikel können eine Reihe von sekundären Prozessen wie Aggregation, Rekristallisation und Alterung durchlaufen. Die Eigenschaften des schließlich erhaltenen Fällprodukts werden durch diese Vorgänge wesentlich verändert (vgl. Abb1.).

Aufgrund des komplexen Zusammenspiels der im Bereich von Millisekunden ablaufenden Vorgänge Vermischung der Eduktlösungen, Keimbildung, Kristallwachstum und Aggregation bei der Feststoffentstehung ist bis jetzt eine gezielte Vorhersage des zeitlichen Ablaufs des Partikelbildungsprozesses und der Eigenschaften des gefällten Endproduktes unmöglich.

In experimentellen und theoretischen Arbeiten sollen die bei der Fällung ablaufenden Feststoffbildungsprozesse besser verstanden werden. Dazu werden verschiedene schwerlösliche Feststoffe unter definierten Versuchsbedingungen gefällt. Die eigentliche Fällung erfolgt mittels Mischdüsenverfahren (Abb. 2). Durch die Verwendung einer derartigen Mischdüsentechnik kann eine äußerst schnelle Vermischung von Eduktsubstanzen erzielt werden (Abb. 3) und damit ein Vermischungseinfluss auf den Partikelbildungsprozess praktisch ausgeschlossen werden.

Die Charakterisierung und Analyse der erzeugten Partikeln bezüglich Größe, Aggregationsverhalten und Kristallinität erfolgt mit statischer bzw. dynamischer Lichtstreuung (Abb. 3), Raster (REM)- und Transmissionselektronenmikroskopie (TEM), (Abb. 4 und 5) und mittels Röntgendiffraktometrie (XRD).
In-situ Untersuchungen direkt während des Fällprozesses werden an der XRD-Beamline der Synchrotronstrahlenquelle ANKA am Forschungszentrum Karlsruhe durchgeführt. Damit können zeitaufgelöste Untersuchungen des Partikelbildungsprozess von Fällungsprodukten in Echtzeit durchgeführt werden.

Veröffentlichungen

  • Kucher, M., Kind, M.: Experimentelle Untersuchungen zur Partikelbildung bei der Fällung von Barium- und Strontiumsulfat,Chemie Ingenieur Technik, 79, (3), 2007
  •  Kucher, M., Babic, D., Kind, M., Precipitation of bariumsulfate: Influence of supersaturation and free lattice ion ratio on particle formation, Chemical Engineering and Processing, 45, (10), 2006
  • Müller, S.P., Kucher, M., Ohlinger, C., Kraushaar-Czarnetzki, B.: Extrusion of Cu/ZnO catalysts for the single-stage gas-phase processing of dimethyl maleate to tetrahydrofuran, Journal of Catalysis, 218, (2), 2003

Vorträge und Poster:

  • Kucher, M., Kind, M.: Experimentelle und numerische Untersuchungen zur Partikelbildung bei der Fällung von Bariumsulfat, eingereichter Beitrag für internen Arbeitssitzung des GVC-Fachausschusses "Kristallisation“ am 29.-30. März , 2007, Nürnberg.
  • Kucher, M., Kind, M.: Untersuchungen zur Partikelbildung bei der Fällung schwerlöslicher Bariumsalze, Posterbeitrag auf der GVC-Jahrestagung, 26.-28. September, 2006, Wiesbaden.
  • Kucher, M., Kind, M.: Experimentelle Untersuchungen zur Partikelbildung bei der Fällung von Barium- und Strontiumsulfat, Vortrag 3. Symposium „Produktgestaltung in der Partikeltechnologie“, 21.-23. Juni, 2006, Pfinztal.
  • Kucher, M.: Fällung kleiner Teilchen - Grundlagen, Vortrag anlässlich des Hochschulkurses „Kristallisation“, 30.-31. März, 2006, Karlsruhe.
  • Kucher, M., Kind, M.: Experimentelle Untersuchungen zur Partikelbildung bei der Fällung schwerlöslicher Feststoffe, Vortrag auf der internen Arbeitssitzung des GVC-Fachausschusses „Kristallisation“ am 23.-24. März, 2006, Basel.
  • Kucher, M., Quarch, K., Schlomach, J., Kind, M.: Preparation of nanoscale particles by liquid phase precipitation, Posterbeitrag, Chemical Nanotechnology, 29.-30 Oktober, 2005, Frankfurt.
  • Kucher, M., Kind, M.: Particle formation during precipitation of barium sulfate: influence of supersaturation and free ion ratio on particle formation, International Symposium on Industrial Crystallization, 12.-14. September, 2005, Dresden.
  • Kucher, M., Quarch, K., Kind, M.: Feststoffbildungsprozesse bei der Fällung von Bariumsulfat und Calciumcarbonat, Gastvortrag auf Workshop C des DFG-Schwerpunkprogramms 1141, Analyse, Modellbildung und Berechnung von Strömungsmischern mit und ohne chemische Reaktion, 8. Juni, 2005, Paderborn.
  • Kucher, M., Kind, M.: Partikelbildung bei der Fällung von Bariumsulfat, Vortrag auf der internen Arbeitssitzung des GVC-Fachausschusses „Kristallisation“ am 17.-18. März, 2005, Boppard.
  • Kucher, M.: Fällung kleiner Teilchen - Grundlagen, Vortrag anlässlich des Hochschulkurses „Kristallisation“, 28.-29. Oktober, 2004, Karlsruhe.